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Lösegeld für Richard Löwenherz
Beispiele für die in der populärwissenschaftlichen Literatur erwähnte Silbermenge, die für die Freilassung von Richard Löwenherz gezahlt wurde.
Die Nacht vom 21. auf den 22. Dezember 1192, in der der König von England in Wien – aufgrund der Ereignisse vor Akkon – gefangen genommen wurde, markierte ein neues Kapitel in der Geschichte Österreichs. Sein Fürst, Leopold V. Babenberg, hatte nun die Macht, über das Schicksal eines Herrschers von außergewöhnlichem Ruhm und enormem Einfluss zu entscheiden. Er war sich seiner Position so sicher, dass er bereits im Januar des folgenden Jahres Verhandlungen mit dem Kaiser des Heiligen Römischen Reiches, Heinrich VI. Hohenstaufen, aufnahm. Während er nach Möglichkeiten suchte, die Situation zum gemeinsamen Vorteil zu nutzen, blieb er dennoch standhaft und behielt den Gefangenen vorerst unter seiner Kontrolle. Im Mittelpunkt der Verhandlungen stand das erwartete Lösegeld für Richard Löwenherz, das zwischen ihnen aufgeteilt werden sollte.
Die Gefangenschaft
Richards erster Aufenthaltsort nach seiner Gefangennahme – abgesehen von den wenigen Tagen in Wien – war die Burg Dürnstein. Diese liegt an der Donau in der Wachau, nahe der niederösterreichischen Stadt Krems, und war damals der Sitz von Hadmar II. von Kuenring, einem wichtigen Beamten und Vertrauten Leopolds.
- Die Ruine der Burg Dürnstein liegt an der Donau in der Region Wachau, nahe der niederösterreichischen Stadt Krems. Der erste Ort des längeren, wenn auch unerwünschten Aufenthalts von Richard Löwenherz in Österreich.
Von Beginn seiner Gefangenschaft an genoss der König große Freiheiten und wurde mit gebührendem Respekt behandelt. Er wurde nicht nur nicht gefoltert, sondern es wurde sogar aktiv für sein Wohlergehen gesorgt: Man servierte ihm gutes Essen sowie erlesene Weine, für die die Wachau noch heute berühmt ist, und organisierte Spiele sowie andere Attraktionen, damit ein so bedeutender Gefangener weder körperlichen noch geistigen Schaden erlitt. So blieb Richard über den Winter in Dürnstein.
Die Verlegung des Gefangenen und seine Freilassung Im Frühjahr 1193 wurde Richard in den Westen des Heiligen Römischen Reiches gebracht – nach Speyer am Rhein in Rheinland-Pfalz. Dort sah er sich gezwungen, sich infolge eines Prozesses gegen ihn, der seine Verhaftung rechtfertigen sollte, vor dem Kaiser zu demütigen und die Bedingungen des Lösegelds zu akzeptieren. Nach wenigen Tagen wurde er in die Reichsburg Trifels verlegt, die Heinrich VI. während seiner Amtszeit als Kaiser gehörte. Sie liegt weniger als fünfzig Kilometer westlich von Speyer. Dort verbrachte Richard seine zweite längere Haftzeit, bis er schließlich am 4. Februar 1194 – nach etwa 13 Monaten Gefangenschaft – freigelassen wurde.
Die Lösegeldsumme
Die vereinbarte Lösegeldsumme umfasste nicht nur eine erhebliche Menge Silber, sondern auch andere Güter – darunter Menschen und Ausrüstung –, die dem Kaiser als Absicherung übergeben wurden. Zudem mussten bedeutende Geiseln gestellt werden, um die Zahlung zu garantieren, bevor die gesamte Summe beglichen war. Doch von Anfang an zog vor allem der „Berg aus Silber“ die größte Aufmerksamkeit auf sich.
Ein Leser, der sich ausschließlich auf populärwissenschaftliche Literatur stützt, könnte sich jedoch durch scheinbare oder tatsächliche Diskrepanzen in der Bewertung der Silbermenge verwirrt fühlen. Die Angaben schwanken zwischen der historischen Masseneinheit – der Kölner Mark, die namentlich eher mit alten deutschen Münzen assoziiert wird – und modernen Maßeinheiten wie Kilogramm oder Tonnen. Letztere vermitteln eine greifbarere Vorstellung von der enormen Menge dieses Metalls. Beispielsweise sprechen wir über:
- 100.000 silberne Kölner Mark (aufgeteilt zwischen Leopold V. und Heinrich VI.), d.h. „etwa 25 Tonnen Silber, also nur 11.690 kg“ [2];
- 100.000 Silber Lösegeld sollten von England gezahlt werden, aber zusätzlich 50.000 wurden von König Philipp II. von Frankreich angeboten, damit nur sein Widersacher – Richard Löwenherz – ein Jahr länger (!) im Gefängnis bleiben würde [3];
- 100.000 Silbermark oder etwa 23 Tonnen Silber [4];
- 30.000 Kölner Taler, oder etwa 10 Tonnen Silber [5];
- 50.000 Silberstücke [6]
Nimmt man die Summe von 100.000 Kölner Mark an, berechnet nach ihrem Gewicht von etwa 234 Gramm, so betrug das Lösegeld für Richard Löwenherz etwa 23,4 Tonnen Silber. Die von der Mutter des Königs, Eleonore von Aquitanien, in England gesammelten Goldbarren wurden in der Form gegeben, in der sie gewonnen wurden, d. h. ohne Prägung deutscher Münzen: als verschiedene Münzen, Kelche, Schalen, Schmuck und andere Gegenstände aus reinem Silber. Die Unterschiede können auch auf die Aufteilung des Lösegelds zwischen dem Kaiser und dem Prinzen zurückzuführen sein. Leopold scheint 30.000 oder 50.000 erhalten zu haben, die er dann geschickt einsetzte. Richard Löwenherz wurde freigelassen, nachdem er zwei Drittel des Lösegeldes bezahlt hatte, nämlich 100.000 Mark Kölner Silber (von der von beiden Parteien vereinbarten Gesamtsumme von 150.000 Mark [7].
Die Investitionen
Der Herzog von Österreich wurde nicht nur durch den König von England reich geworden, sondern gab das Lösegeld, das er erhielt, auch aus, um seine Herrschaft zu stärken, indem er folgende Investitionen tätigte:
- Auf der vorangegangenen Adaption der alten Befestigungsanlagen aus der Zeit eines römischen Lagers Vindobnona ließ er eine 4,5 km lange [8] Stadtmauer um Wien (deutsch: Ringmauer) errichten, die als Konzept einer Verteidigungsanlage bis in die Mitte des neunzehnten Jahrhunderts überlebte;
- finanzierte die Gründung der ca. 60 km südlich gelegenen Stadt Wiener Neustadt,
- verlegte die Münzstätte von Krems nach Wien [9],
- sanierte die Befestigungsanlagen der Städte Enns und Heinburg und
- begann mit der Prägung neuer Silbermünzen – den sogenannten Wiener Pfennig [10] (Leopold V. ernannte einen gewissen Schlomo oder Slomo – den ersten Juden Wiens, der in schriftlichen Quellen erwähnt wird – zum Münzmeister der neu gegründeten Münzstätte. Dieser Spezialist wohnte im Bereich der heutigen Seitenstettengasse [11]).
- Sgraffito-Dekoration – Leopold V. Stadtgründer 1192 – auf der Fassade eines historischen Gebäude am Hauptplatz 3 in Wiener Neustadt. Autor: Hans Vonmetz, 1937.
Zusammenfassung
Die Fehde zwischen Leopold V. und Richard Löwenherz nahm unter dramatischen Umständen während der Belagerung von Akkon im Königreich Jerusalem ihren Anfang und endete mit der Freilassung des englischen Königs aus der Gefangenschaft im Heiligen Römischen Reich. Oft wird sie als das abenteuerliche Schicksal eines mittelalterlichen Ritters beschrieben – mit einem glücklichen Ausgang. Bestimmte Aspekte dieser Geschichte tragen zu diesem Bild bei: etwa die skurrilen Umstände der Gefangennahme, als der König in einem Wirtshaus nahe Wien Hähnchen briet, oder seine künstlerischen Tätigkeiten, darunter Lieder und Rezitationen. Gleichzeitig darf nicht übersehen werden, dass die Kreuzzüge und die Machtkämpfe zwischen europäischen Herrschern zahllosen Menschen Leid und Tod brachten.
Diese dreiteilige Artikelreihe soll die Leser mit Ereignissen vertraut machen, die nicht nur in Europa große Resonanz fanden, sondern auch die Entwicklung Österreichs entscheidend prägten – insbesondere mit Blick auf Wien. Wer heute durch die Straßen dieser Stadt schlendert, kann auf Orte und Objekte stoßen, die eng mit der Geschichte des Mittelalters verknüpft sind. Wer weiß, welche Entdeckungen eine solche Tour noch bereithält…
Einzelnachweise
Der Beitrag wurde aus dem Polnischen halbmaschinell übersetzt.
- [↑] Eine Informationstafel in der Burgruine informiert über die sogenannte Ritterliche Haft.
- [↑] Ackerl, Isabella; Kleindel, Walter. Die Chronik Österreichs. Wien: Chronik Verlag im Bertelsmann Lexikon Verlag GmbH, 1994. S. 99.
- [↑] Reston, James Jr. Der dritte Kreuzzug. Ryszard Löwenherz und Salaten. Krakau: Astra, 2020. 398.
- [↑] Sinfonie aus Silber, Gold, Platin und Leidenschaft. Informationsbroschüre der Münze bei der Österreichischen Nationalbank. S. 10.
- [↑] Sachslehner, Johannes. Wien Stadtgeschichte Kompakt. Wien: Pichler Verlag, 1998. S. 44.
- [↑] Anwander, Berndt. Unterirdisches Wien: Ein Führer in den Untergrund Wiens. Die Katakomben, der Dritte Mann und vieles mehr. Wien: Falter Verlag, 2000. S. 137.
- [↑]Externer Link: britannica.com
- [↑] Ebd., S. 137.
- [↑] Sachslehner, Johannes. Wien Stadtgeschichte Kompakt. Wien: Pichler Verlag, 1998. S. 44.
- [↑] Sinfonie aus Silber, Gold, Platin und Leidenschaft. Informationsbroschüre der Münze der Österreichischen Nationalbank. S. 10.
- [↑] Brandstätter, Christian. Stadtchronik Wien: 2000 Jahre in Daten, Dokumenten und Bildern. Wien: Verlag Christian Brandstätter, 1986. S. 73.
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von fotografischem Inhalt, Schreibstil und Informationsgehalt.
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