Nahblick auf die Nordwestecke des Schlosses Neuschwanstein.

 

Woher nahm Ludwig II. Wittelsbach das Geld für den Bau von Schloss Neuschwanstein

Nach landläufiger Meinung nahm König Ludwig II. von Bayern Geld für den Bau von Schloss Neuschwanstein „einfach aus der Staatskasse“, diese auch somit ruinierend. Laut Julius Desing allerdings, dem 2020 verstorbenen Verwalter von Neuschwanstein in den Jahren 1963-1993 und Autor von Büchern über den König, belief sich die gesamte Investition, einschließlich des Baus des oben genannten Schlosses sowie der Schlösser Linderhof und Herrenchiemsee, auf ca. 30 Millionen Mark, was „ausschließlich aus dem Privatbesitz des Königs finanziert“ [1] wurde. Stehen die beiden Aussagen im Widerspruch oder sie ergänzen sich nur vielleicht?

Die Schulden

Obwohl die prunkvollen Bauwerke Ludwigs im allgemeinen Sinne doch privat finanziert wurden, kamen zum Verwirklichen der großartigen Ideen des Königs sowohl eigene Mitteln, als auch Fremdkapital, welcher Art immer, ins Spiel. Die finanziellen Verpflichtungen des Königs zu Beginn des Jahres 1886, das ihm am 13. Juni einen tragischen Tod brachte, betrugen im Zusammenhang mit dem Bauvorhaben 13 Millionen Mark [2], bei einer jährlichen königlichen Zivilliste von etwa 5,5 Millionen. Das Geld kam also doch aus der Staatskasse, aber im Rahmen des königlichen Rechtes auf Deckung eines dem Allerhöchstdenselben entsprechenden Lebenswandels, der Zivilliste. Das Privatvermögen Ludwigs überstieg insgesamt 100 Millionen Mark [3]. Trotz dieser nominellen Absicherung entstanden auch vorübergehend schwierig zu zahlende Schulden und der Bau wurde 1885 sogar für einige Zeit eingestellt [4], was auf die aktuellen finanziellen Belastungen zurückzuführen war, die sich unter anderem aus den Kosten für die Instandhaltung des Herrenhauses und der Gebäude des Königs und anderer Beamter ergaben. Bekanntlich waren die Finanzoperationen Ludwigs II., darunter auch einige einer kontroversen Art, und die damit verbundenen Probleme wie Wasser auf die Mühle seiner Gegner, die all den anderen Vorwürfen noch einen hinzufügten: Missmanagement. Seine Majestät kümmerte sich jedoch um die Abrechnungen und kontrollierte sie, wobei er die Ausgaben, Zinsen und andere Kosten erstaunlicherweise sogar bis zu fünfundzwanzig Jahre im Voraus plante.

Die Rückzahlung

Kurz nach dem Tod von Ludwig II. Wittelsbach zahlte seine Familie die Schulden, wieder nur aus eigener Tasche zurück [5]. Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die gebauten Schlösser, darunter das berühmteste von ihnen – Neuschwanstein, das bisher von über 70 Millionen Touristen aus aller Welt besucht wurde, am 11. November 1918 in den Besitz des Staates übergingen, sind diese Bauwerke ein wesentlicher Beitrag zumindest zum Kulturgut Bayerns. Der König finanzierte das Entstehen eines der größten Schlösser Europas, verschuldet zum Zeitpunkt seines Todes nur mit etwa 48 seiner monatlichen „Gehälter“ [6]. Zum Vergleich: Wer heuzutage netto 2.500 Euro im Monat verdient und mit Hilfe einer Bank ein 200 m²* großes, oder – besser gesagt – kleines Einfamilienhaus bauen möchte, dessen Preis bei etwa 250.000 Euro liegen wird, verschuldet sich zum Hundertfachen seines Monatsgehalts.

* Allein die Bruttofläche von Schloss Neuschwanstein beträgt ca. 20.000 m².

  1. [↑] Desing Julius. König Ludwig II, Sein Leben – sein Ende. Lechbruck: Verlag Wilhelm Kienberger. S. 15.
  2. [↑] Ebenda, S. 20.
  3. [↑] Ebenda, S. 21.
  4. [↑] Desing Julius. Wahnsinn oder Verrat. War König Ludwig II geisteskrank. Lechbruck: Verlag Wilhelm Kienberger GmbH. S. 4.
  5. [↑] Ebenda, S. 29.
  6. [↑] Desing Julius. Eine Königstragedie. Ein Bericht über den Tod König Ludwig II von Bayern. Lechbruck: Verlag Wilhelm Kienberger, 2008. S. 7.

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Veröffentlicht im: 2023/05Zuletzt aktualisiert im: 2024/09Kategorien: DeutschlandSchlüsselwörter: Anzahl der Wörter: 527Lesezeit in Minuten: 2,6Besucher heute: 1Aufrufe insgesamt: 1765