Das Gleichgewicht zu verlieren
Am heutigen Tage war ich auf einer gewissen U-Bahn Station in Wien* Zeuge eines nicht selten gesehenen Einsatzes. Es wurde ein Mann, der vermutlich, wenn nicht sogar mit ziemlicher Sicherheit, betrunken gewesen ist, aus der U-Bahn rausgeschleppt. Der ganze Zug hielt bei der Station für mehrere Minuten an, damit drei Security-Leute, nämlich zwei große Männer und eine Frau, den ungefähr 70 kg schweren Mann, welcher nicht nur durch das ohnmächtige Aufenthalten auf dem Boden mitten im Eingang eines Waggons, sondern auch durch sein Aussehen und seinen nicht allzu angenehmen Geruch auf sich aufmerksam machte, wegtransportieren konnten.
Da ich in jenem Moment nichts anderes zu tun hatte, als einfach auf den nächsten Zug sowie auf die Abfahrt des Stehenden zu warten, somit ich in Ruhe weiterfahren könnte, konnte ich den Einsatz aus näherer Entfernung genauer beobachten. Die ganze Situation blieb mir nicht nur gut im Gedächtnis hängen, sondern hat mich auch äußerst erstaunt. Der von der Security unter die Arme genommene Mann erwachte nach einiger Zeit und schien mitzuarbeiten. Ohne jegliche Probleme konnte man ihn zu einer Sitzbank bringen, auf welcher er nach wenigen Minuten wieder zu sich kam. Die Einsatzkräfte fragten ihn hauptsächlich nach seinem Zustand und ob es ihm schwindlig sei. Er erwiderte darauf sehr höflich, dass alles in Ordnung sei, bedankte sich für die geleistete Hilfe und erhob sich langsam von seinem Sitz. Zu meiner Überraschung wurde ihm angeboten, dass man ihn raus an die frische Luft begleite. Die drei-köpfige Security tat dies dann auch, jedoch ohne jegliche Schubsereien oder unnötigen händischen Einsätze, wie man es aus solchen oder ähnlichen Situationen manchmal kennt. Alle Bewegungen und Gesten der Beamten waren stets höflich und respektvoll, sodass jegliche Konflikte zwischen den beiden Seiten vermieden wurden. An jenem Ort stehend und das Ereignis beobachtend, fing auch ich an, über jenen Nächsten, welcher offenbar das Gleichgewicht verlor und zu Boden fiel, nachzudenken.
* Das Titelbild stellt eine andere U-Bahn-Station dar, als im Artikel beschrieben wird. Die U-Bahn-Linie ist jedoch die gleiche: U2.